Heinrich Grossmann - mit "ss" oder "ß"?

Flohmärkte, "Beifänge", Museums-Besuche, Wetterfühligkeit von Nähmaschinen usw.
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inch
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Registriert: Di 19. Dez 2023, 14:58

Heinrich Grossmann - mit "ss" oder "ß"?

Beitrag von inch »

Bei meiner Suche nach Grossmann stieß ich vor einigen Wochen auf einen Museums-Eintrag "Großmann".
Sicher, das es sich nur um eine fehlerhafte Beschreibung handeln könne, nahm ich Kontakt mit dem Museum auf (Antwort steht noch aus).
Meine Maschinen und Kataloge tragen alle den Namen "Grossmann" ohne "ß" ;)
ravemachine schickte mir irgendwann folgende Rechnung:
Grossmann_Dresden_1903_Firmenbrief_01_Vorderseite.jpg
Der Chef persönlich unterschrieb diesen Brief mit "ß"
Später fand sich noch eine Anleitung "Großmann", hier der Ausschnitt:
Großmann Anleitung1.jpg
Irgendwie war das alles schwer zu verstehen und mündete in allgemeine Verunsicherung ;)
Eine gewisse Entspannung brachte folgender Link:
http://needlebar.org/main/boxes/frister/index.html
Hier schreibt sich Rossmann von Frister & Rossmann plötzlich mal auch einfach so mit "ß" (sonst immer mit "ss")
Meine Erklärung wäre, das in dieser Zeit das "ß" modisch mit dem "ss" konkurrierte und nach Lust und Laune das eine, oder andere verwendet wurde.
Nun bleibt die Frage, ob man in unserer heutigen Zeit das "ß" einfach so übernehmen sollte (Beispiel Großmann), oder nicht besser weiter Grossmann schreiben sollte, so, wie es überall auf seinen Maschinen und den meisten ;) Katalogen und Anleitungen zu lesen ist?!
Ich bleibe dran an dem Thema.
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emmi
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Registriert: Di 19. Dez 2023, 16:27

Re: Heinrich Grossmann - mit "ss" oder "ß"?

Beitrag von emmi »

Das interessiert mich sehr! Und umso mehr, als ich Kurrentschrift lesen kann. Bei der Rechtschreibreform gegen Ende der 1990er Jahre wurde einfach bestimmt: ß nach langem Vokal, ss nach kurzem Vokal. Richtig? Sinnvoll? In der Schweiz gibt es überhaupt kein ß. Alles, was wir mit ß schreiben, wird dort mit ss geschrieben. Das ist korrekter als unsere Rechtschreibreformregel. In der Kurrentschrift gab es ein Schluss-s, also ein s für das Ende eines Worts oder einer Silbe, die ihrerseits schon ein Wort ist (z.B. Buslinie). Und es gab ein anderes s für einen Platz mitten im Wort. Das ß war (nur!) eine Chimäre aus normalem s und dem Schluss-s, eine bloße Schreibhilfe für ein Doppel-s am Wortende oder dem Ende einer Silbe mit Wortcharakter. Schluß. Schlußakt. Diese Regeln hatten sich auf der Basis der gängigen Schreibgeräte eingebürgert: Federhalter mit Tintentropfen in der Feder. So wenig wie möglich absetzen, kein Risiko eingehen, durchziehen. Bin gespannt, was Ihr zu Grossmann und Großmann herausfindet.

smile
emmi
inch
Beiträge: 1557
Registriert: Di 19. Dez 2023, 14:58

Re: Heinrich Grossmann - mit "ss" oder "ß"?

Beitrag von inch »

emmi hat geschrieben: Do 11. Jul 2024, 21:44 Diese Regeln hatten sich auf der Basis der gängigen Schreibgeräte eingebürgert: Federhalter mit Tintentropfen in der Feder. So wenig wie möglich absetzen, kein Risiko eingehen, durchziehen.
emmi
Deine Begründung mit dem Federhalter finde ich interessant und nachvollziehbar, deshalb wurde "ss" mit dem Füller/Federhalter geschrieben als "ß".
Rechtschreibreform ist hier allerdings jene von 1901 maßgebend.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. hat hier einen Artikel über das "ß" veröffentlicht: https://gfds.de/das-ss/

Zusammenfassung
"Um die dargestellten Erklärungen auf den Punkt zu bringen, seien sie noch einmal in aller Kürze zusammengefasst: Der Buchstabe ß ist über zwei unterschiedliche Wege entstanden. In der Frakturschrift hat er sich aus der Buchstabenverbindung sz bzw. ſʒ entwickelt, die wiederum ihren Ursprung bereits im Mittelhochdeutschen hatte. Das ß der Antiquaschrift dagegen entstand aus einem doppelten s, genauer gesagt aus ſ und s. Erst als man begann, auch deutsche Texte nicht mehr (nur) in Fraktur, sondern (auch) in Antiquaschrift zu setzen, wurde für das Fraktur-ß trotz seiner unterschiedlichen Entstehungsgeschichte und des ursprünglich abweichenden Gebrauchs das Antiqua-ß verwendet. Zwar gab es anschließend Diskussionen darüber, wie dieser Buchstabe neben dem s und dem ss in deutschen Wörtern einzusetzen und zu verteilen sei (Konzepte der s-Schreibungen nach Adelung, Heyse, Sander; schon Jacob Grimm entschied sich zwischenzeitlich sogar für Schreibungen mit sz, denn so, begründete er, könne man auch ganze Wörter versal setzen: STRASZE). Doch spätestens mit der Vereinheitlichung der Rechtschreibung im Jahr 1901 wurde besiegelt, dass die zwei ursprünglich unterschiedlichen Zeichen, die aus ſs bzw. aus ſʒ entstanden waren, als ein und derselbe Buchstabe gewertet und einheitlich verwendet werden sollten."
(Quelle:Gesellschaft für deutsche Sprache e.V.):

Sehr interessant finde ich die Information, das "ß" wäre schon um 1300 erwähnt worden.
Ein klein wenig schlauer bin ich nun...
Was die Beispiele "Grossmann" und "Rossmann" betrifft, denke ich, sie meinten dasselbe, aber schrieben es unterschiedlich.
"ß" stand um 1900 einfach für "ss" kurz gesprochen, während wir es heute für das lange "ss" verwenden. Wir lesen also das "ß" nach heutigen Gewohnheiten und sind somit verwundert, über die dann scheinbare, auch phonetische Verfälschung von Wörtern, welche, wie hier im Beispiel, aus der Zeit um 1900 stammen.
Seit 2017 gibt es das "ß" auch als Großbuchstaben, einige typografische Gedanken dazu finden sich hier:
https://www.wederundnoch.de/das-grosse-scharfe-eszett/
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