HÄKELMASCHINE "CROCHETTA" KLASSE 79000 Union Special
HÄKELMASCHINE "CROCHETTA" KLASSE 79000 Union Special
...UNION SPECIAL-MASCHINENFABRIK G.m.b.H. STUTTGART
Heute beginne ich noch einmal den Bericht über mein Crochetta-Projekt. Hoffentlich wird es keine Never Ending Story. Das Projekt ist noch immer nicht abgeschlossem. Die Maschinen stehen bei mir schon seit 1½ Jahren (seit mehr als einem Jahr ohne Fortschritte). Zunächst erst einmal ein paar Links: Informationen, die ich zu Beginn des Projekts noch nicht hatte. Sie werden Euch das Mitverfolgen leichter machen.
https://union-special.com/
https://union-special.com/union-special ... maschinen/
https://unionspecial.com/
Im August 2022 besuchte ich einen Nähmaschinensammler. Ich schilderte ihm, dass ich nicht allzu viele Maschinen besitzen will, sondern lieber Leihgaben in Obhut nehme, um sie zu reinigen, einzunähen und zurückzugeben. Er vertraute mir zwei Nähmaschinen an, die ich zunächst kaum als solche erkannte: Häkelmaschinen von Union Special. Der Sammler sprach es englisch aus, ˈjunjən spɛʃəl, was mir auch nicht weiterhalf, denn von Union Special hatte ich noch nie gehört. Eigentlich hatte ich mich auf eine Haushaltsmaschine gefreut, sagte das wohl auch, und erhielt sofort so eine, eine Adler Klasse 88. Mit drei Leihgaben fuhr ich nach Hause. Noch nie vorher hatte ich eine Warteschlange von Nähmaschinen in Obhut gehabt.
Die Maschinen erhielten Platz im Keller. Gelegentlich machten die Crochettas Ausflüge auf die Kellertreppe außen, wo ich sie fotografierte.
Crochetta. Klingt wie "kross" oder "knusprig". Auf Englisch kommt man der Sache näher: to crochet = häkeln, crochet hook = Häkelhaken. Nähmaschinen häkeln doch nicht! Jedenfalls nicht wirklich. Man häkelt, indem man mit Hilfe eines Hakens mit einem Faden Schlaufen bildet. Erst nach einer Weile begriff ich, dass auch die Crochettas Fadengebilde herstellen. Sie verschlingen zwei Fäden miteinander, den Ober- und den Unterfaden. Diese losen Gebilde befestigen sie in regelmäßigen Abständen mit einem Stich in eine eben zu bearbeitende Saumkante. Sie säumen nicht etwa, nein, das muss vorher schon mit einer anderen Maschine geschehen sein! An die Saumkante wird als Verzierung eine kleine Spitze gesetzt, brauchbar z.B. bei Stofftaschentüchern und Damenunterwäsche. Wie das im Einzelnen vor sich geht, werde ich später noch erklären und demonstrieren. Die Crochetta Klasse 79000 kann "Zäckchen" (bestehend aus 6 Stichen) oder "Bögchen" (bestehend aus 8 Stichen) nähen, wobei nur jeder 6. bzw. 8. Stich in den Stoff (Saumkante) trifft. Für beide Varianten gibt es je zwei Maschinenklassen, nämlich für elastische und unelastische Stoffe. Für die "Zäckchen" gibt es noch eine dritte Klasse für "Hohlsaum": Dabei wird das Fadengebilde abwechselnd an zwei Stoffstreifen rechts und links von der Nadel befestigt.
Ich nehme es vorweg: Eine der Crochettas hat schon genäht. Sie näht Zäckchen. Ausprobiert habe ich nur unelastischen Stoff. Guckt Euch die Bilder an. Zur Belohnung habe ich der Maschine eine textile Nähmaschinenhaube genäht, die sie sich anschließend selbst umzäckeln musste.
Nachdem ich mich eingelesen hatte, begann ich mit dem Auseinandernehmen und Säubern. Anfangs waren vor lauter Schmutz keine Seriennummern ersichtlich. Sie bildeten sich aber schnell heraus: 13287 sowie G-22569. Die Zahlen deuten auf eine Entstehungszeit um 1915 hin.
Fortsetzung folgt.
emmi
Heute beginne ich noch einmal den Bericht über mein Crochetta-Projekt. Hoffentlich wird es keine Never Ending Story. Das Projekt ist noch immer nicht abgeschlossem. Die Maschinen stehen bei mir schon seit 1½ Jahren (seit mehr als einem Jahr ohne Fortschritte). Zunächst erst einmal ein paar Links: Informationen, die ich zu Beginn des Projekts noch nicht hatte. Sie werden Euch das Mitverfolgen leichter machen.
https://union-special.com/
https://union-special.com/union-special ... maschinen/
https://unionspecial.com/
Im August 2022 besuchte ich einen Nähmaschinensammler. Ich schilderte ihm, dass ich nicht allzu viele Maschinen besitzen will, sondern lieber Leihgaben in Obhut nehme, um sie zu reinigen, einzunähen und zurückzugeben. Er vertraute mir zwei Nähmaschinen an, die ich zunächst kaum als solche erkannte: Häkelmaschinen von Union Special. Der Sammler sprach es englisch aus, ˈjunjən spɛʃəl, was mir auch nicht weiterhalf, denn von Union Special hatte ich noch nie gehört. Eigentlich hatte ich mich auf eine Haushaltsmaschine gefreut, sagte das wohl auch, und erhielt sofort so eine, eine Adler Klasse 88. Mit drei Leihgaben fuhr ich nach Hause. Noch nie vorher hatte ich eine Warteschlange von Nähmaschinen in Obhut gehabt.
Die Maschinen erhielten Platz im Keller. Gelegentlich machten die Crochettas Ausflüge auf die Kellertreppe außen, wo ich sie fotografierte.
Crochetta. Klingt wie "kross" oder "knusprig". Auf Englisch kommt man der Sache näher: to crochet = häkeln, crochet hook = Häkelhaken. Nähmaschinen häkeln doch nicht! Jedenfalls nicht wirklich. Man häkelt, indem man mit Hilfe eines Hakens mit einem Faden Schlaufen bildet. Erst nach einer Weile begriff ich, dass auch die Crochettas Fadengebilde herstellen. Sie verschlingen zwei Fäden miteinander, den Ober- und den Unterfaden. Diese losen Gebilde befestigen sie in regelmäßigen Abständen mit einem Stich in eine eben zu bearbeitende Saumkante. Sie säumen nicht etwa, nein, das muss vorher schon mit einer anderen Maschine geschehen sein! An die Saumkante wird als Verzierung eine kleine Spitze gesetzt, brauchbar z.B. bei Stofftaschentüchern und Damenunterwäsche. Wie das im Einzelnen vor sich geht, werde ich später noch erklären und demonstrieren. Die Crochetta Klasse 79000 kann "Zäckchen" (bestehend aus 6 Stichen) oder "Bögchen" (bestehend aus 8 Stichen) nähen, wobei nur jeder 6. bzw. 8. Stich in den Stoff (Saumkante) trifft. Für beide Varianten gibt es je zwei Maschinenklassen, nämlich für elastische und unelastische Stoffe. Für die "Zäckchen" gibt es noch eine dritte Klasse für "Hohlsaum": Dabei wird das Fadengebilde abwechselnd an zwei Stoffstreifen rechts und links von der Nadel befestigt.
Ich nehme es vorweg: Eine der Crochettas hat schon genäht. Sie näht Zäckchen. Ausprobiert habe ich nur unelastischen Stoff. Guckt Euch die Bilder an. Zur Belohnung habe ich der Maschine eine textile Nähmaschinenhaube genäht, die sie sich anschließend selbst umzäckeln musste.
Nachdem ich mich eingelesen hatte, begann ich mit dem Auseinandernehmen und Säubern. Anfangs waren vor lauter Schmutz keine Seriennummern ersichtlich. Sie bildeten sich aber schnell heraus: 13287 sowie G-22569. Die Zahlen deuten auf eine Entstehungszeit um 1915 hin.
Fortsetzung folgt.
emmi
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Re: HÄKELMASCHINE "CROCHETTA" KLASSE 79000 Union Special
Die Crochettas sind Industriemaschinen. Einst standen sie auf stabilen Nähmaschinentischen mit schweren Untergestellen. Die Tische waren für mehrere Maschinen ausgelegt und nannten sich Kraftbetriebsanlage. Durch einen einzigen Motor seitab vom Tisch waren alle Maschinen motorisiert.
Seht das Bild: Hinten unter dem Tisch (nahe dem Fußboden) befand sich die lange Kraftantriebswelle. Sie drehte sich ununterbrochen. Die Welle trug unter jeder Maschine ein Rad. Mit dem Rad und einem breiten Ledergurt hatte sie Verbindung zur Kupplung der jeweiligen Maschine. Von dort besteht mit einem schmalen Antriebsriemen eine Verbindung zum kleinen Rad rechts an der Maschine. Durch Bedienung des großen Tretpedals kuppelte die Näherin ihre Maschine in die übertragene Drehbewegung der Kraftantriebswelle ein. Je nach Bedarf trat sie fester oder schwächer oder ließ los, beschleunigte oder verlangsamte das Nähen oder brachte die Maschine zum Stillstand. Das schmale Tretpedal rechts daneben war mit einer langen Kette mit einem zweiten Füßchenheber verbunden, einem großen Haken an der Rückseite der Maschine. Hände frei, per pedes Füßchen hoch, Stoff wegschieben, neuen Stoff unterlegen, loslassen und weiternähen...
Als ich mit der Crochetta 13287 schließlich nähte, saß ich natürlich nicht an einer Kraftbetriebsanlage. Für jeden einzelnen Stich musste ich mit der Hand am kleinen Rad an der Maschine mindestens dreimal drehen. Wie gesagt, jedes Zäckchen besteht aus sechs Stichen. Die Maschine hat für ihre Nähmaschinenhaube ungefähr 175 Zäckchen genäht/befestigt, also habe ich mindestens 1050 mal am Rad gedreht... Wir brauchten eine gute Stunde dafür. Der Umfang der Haube beträgt 1,12 Meter. Von den Näherinnen früher wurden 45 bis 50 Meter Nahtlänge pro Stunde erwartet und auch fertiggebracht. Bleibt noch zu sagen, dass die Näherinnen laut Betriebsanleitung eine 52-Stunden-Woche hatten. Das muss vor 1918 gewesen sein, denn nach dem Ende des 1. Weltkriegs reduzierte sich die Wochenarbeitszeit.
Die Reinigung begann damit, dass die Maschinen erst einmal alle Verkleidungen, Plättchen und Schieber ablegen mussten. Der älteren Maschine 13287 fehlt die Verkleidung der Zahnräder. Mit ihr machte ich weiter und schraubte alles ab, was sich abschrauben ließ, beschriftete, säuberte und polierte es. Die Maschine selbst nahm ein zwei- oder dreiwöchiges Petroleumbad.
Fortsetzung folgt.
emmi
Seht das Bild: Hinten unter dem Tisch (nahe dem Fußboden) befand sich die lange Kraftantriebswelle. Sie drehte sich ununterbrochen. Die Welle trug unter jeder Maschine ein Rad. Mit dem Rad und einem breiten Ledergurt hatte sie Verbindung zur Kupplung der jeweiligen Maschine. Von dort besteht mit einem schmalen Antriebsriemen eine Verbindung zum kleinen Rad rechts an der Maschine. Durch Bedienung des großen Tretpedals kuppelte die Näherin ihre Maschine in die übertragene Drehbewegung der Kraftantriebswelle ein. Je nach Bedarf trat sie fester oder schwächer oder ließ los, beschleunigte oder verlangsamte das Nähen oder brachte die Maschine zum Stillstand. Das schmale Tretpedal rechts daneben war mit einer langen Kette mit einem zweiten Füßchenheber verbunden, einem großen Haken an der Rückseite der Maschine. Hände frei, per pedes Füßchen hoch, Stoff wegschieben, neuen Stoff unterlegen, loslassen und weiternähen...
Als ich mit der Crochetta 13287 schließlich nähte, saß ich natürlich nicht an einer Kraftbetriebsanlage. Für jeden einzelnen Stich musste ich mit der Hand am kleinen Rad an der Maschine mindestens dreimal drehen. Wie gesagt, jedes Zäckchen besteht aus sechs Stichen. Die Maschine hat für ihre Nähmaschinenhaube ungefähr 175 Zäckchen genäht/befestigt, also habe ich mindestens 1050 mal am Rad gedreht... Wir brauchten eine gute Stunde dafür. Der Umfang der Haube beträgt 1,12 Meter. Von den Näherinnen früher wurden 45 bis 50 Meter Nahtlänge pro Stunde erwartet und auch fertiggebracht. Bleibt noch zu sagen, dass die Näherinnen laut Betriebsanleitung eine 52-Stunden-Woche hatten. Das muss vor 1918 gewesen sein, denn nach dem Ende des 1. Weltkriegs reduzierte sich die Wochenarbeitszeit.
Die Reinigung begann damit, dass die Maschinen erst einmal alle Verkleidungen, Plättchen und Schieber ablegen mussten. Der älteren Maschine 13287 fehlt die Verkleidung der Zahnräder. Mit ihr machte ich weiter und schraubte alles ab, was sich abschrauben ließ, beschriftete, säuberte und polierte es. Die Maschine selbst nahm ein zwei- oder dreiwöchiges Petroleumbad.
Fortsetzung folgt.
emmi
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
- Delilah-Rose
- Beiträge: 315
- Registriert: Fr 19. Jul 2024, 19:41
Re: HÄKELMASCHINE "CROCHETTA" KLASSE 79000 Union Special
Das sind tolle Maschinen, solche habe ich noch nie gesehen, Wahnsinn wie du die Maschinen wieder hinbekommen hast, sind sie noch bei dir?
Re: HÄKELMASCHINE "CROCHETTA" KLASSE 79000 Union Special
Ja, noch hier. Es fehlt nicht viel, aber eben doch ein paar Schräubchen und Häkchen. Ich würde die Maschinen gerne restlos fertigstellen und dann für den Leihgeber verkaufen. Es ist nicht gut, wenn man die Aufarbeitung einer Maschine unterbricht! Man vergisst ja alles und muss sich erst wieder eindenken.
Gut, dass Du mich erinnerst!
emmi
Gut, dass Du mich erinnerst!
emmi
- Delilah-Rose
- Beiträge: 315
- Registriert: Fr 19. Jul 2024, 19:41
Re: HÄKELMASCHINE "CROCHETTA" KLASSE 79000 Union Special
ich wollte dir keinen Stress machen, ich fand die Maschinen nur so toll.