Alte Nähmaschine wieder gangbar machen

Pflege von Eisengestellen, Holztischen, Kunststoffbeschichtungen und Nähmaschinen.
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inch
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Registriert: Di 19. Dez 2023, 14:58

Alte Nähmaschine wieder gangbar machen

Beitrag von inch »

Wenn Nähmaschinen einige Jahre oder Jahrzehnte stehen, sind sie meistens verharzt, d.h. das alte Öl hat sich in einen "Kleber" verwandelt.
Dieser "Kleber" sitzt in allen Lagerstellen und überall dort, wo eigentlich Öl hingehört.
Die Verharzungen kleben so gut, als wären die Teil miteinander verschweisst!
Dem gängigen W+W+W (Wärme+WD40+Warten) kann man gerne noch P für Petroleum und N für Nähmaschinenöl hinzufügen.
Meiner Erfahrung nach fängt man zuerst mit Wärme und Warten an.
Hat man einen Kachelofen, stellt man die Nähmaschine bei um die 50 C° in die Ofenröhre, oder in den Backofen (dem sollte auch Plastik widerstehen) und wartet einige Stunden, bis sich alle Lager gleichmäßig durchgewärmt haben.
Nun sollte sich eine gewisse, wenn auch noch schwere Grundbeweglichkeit eingestellt haben,
welche bei der noch warmen Nähmaschine mit Petroleum, WD40, oder Ballistol verbessert wird durch immer wieder erneutes Aufbringen und Bewegen der Teile.
Drehen sie sich wieder schwerer, braucht die Nähmaschine erneut Wärme und Warten.
Im Sommer reicht es, sie unter einer schwarzen Plane in die Sonne zu stellen und zu Warten.
Die Behandlung mit den W+W+W kann sich durchaus einige Tage hinziehen.
Für einzelne Bereiche verwende ich einen Heißluftfön und achte darauf, angrenzende Flächen nicht zu stark zu erhitzen, um keine Lackschäden zu verursachen.
Hilfreich ist es, in die Lager immer wieder Petroleum oder Nähmaschinenöl zu geben und die Maschine als Treti im Tisch drehen zu lassen, oder mit einem Motor, wenn vorhanden.
Dabei werden Reste des verharzten Öl aus den Lagern gespült.

Antike Nähmaschinen
Die Flächen mit den Decals sind grundsätzlich empfindlicher als andere Lackflächen.
Bei alten Nähmaschinen wurde Schelllack verwendet, welcher sich mit Spiritus löst, diesen, genauso wie Nitroverdünnung keinesfalls in Kontakt mit der Nähmaschine bringen.
Chemische Fettlöser und Kaltreiniger sind ebenfalls der sichere Tod für Schelllack und Decals.
Zuerst löst sich das Gold der Decals, sie erscheinen silbrig - bis sich auch das verabschiedet und die Nähmaschine optisch ruiniert ist.
Gute Erfahrungen habe ich mit Kernseife, Petroleum, Nähmaschinenöl zum Reinigen gemacht.

Nähmaschinen ab den 40er/50er Jahren
In dieser Zeit wurden neue Lacksysteme verwendet, aber auch hier kann es Ausnahmen geben.
Deshalb immer an einer wirklich unauffälligen Stelle vorher testen.
Selbst die Nähmaschinen von beispielsweise Pfaff aus den 60er/70er Jahren sind stellenweise empfindlich gegen Fettreiniger/Kaltreiniger.
Dem Hammerschlaglack macht es nichts aus, allerdings ist der Klarlack über den Decals empfindlich.
Ein oder zweimal kurz drüberwischen verträgt er, wird allerdings bei zu hartnäckiger Behandlung ebenfalls weich und schon verwischt man das Decal.
Also auch hier ist Vorsicht angebracht.
Lackreiniger kann man probieren, aber auch hier - Vorsicht!

unlackierte Metallteile
Diese Teile lassen sich, wenn ausgebaut, wunderbar mit Fettreiniger oder Kaltreiniger behandeln und sehen danach wieder aus wie neu.
Soda, oder eine Natronlauge können auch hilfreich sein. Hat man keine Natrontabletten im Haus, kann man auch einige Löffel Backpulver mit Wasser vermischen.

Entrosten
Zitronensäure entrostet gut, löst aber auch Chrom mit an. Die bessere Variante ist deshalb Oxalsäure, sie tut dem Chrom nichts und ist daher meine erste Wahl!
Manchmal kann man auch Phosphorsäure verwenden, welche auf den Teilen noch einen Schutzüberzug bildet, sie werden dann allerdings grau.

Fette
Die alten Fette werden aus ihren Kapseln und Behältern ausgekratzt und entfernt.
Anschließend wird frisches, lithiumverseiftes Wälzlagerfett eingefüllt zu etwa 70 % des verfügbaren Volumens.
Wickelfett zu verwenden, ist ebenfalls eine sehr gute Idee, weil es sparsamer eingesetzt werden kann, durch seine Fähigkeit, sich an den Zahnrädern festzuhalten.
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